Sonntag, 6. März 2011

Erster Arbeitsbesuch


Im November 08 fuhren wir mit dem Zug für eine knappe Woche nach Sibari, um Leben auf unser einsames Schiff zu bringen. Zum ersten Mal konnten wir alles in aller Seelenruhe durchstöbern und nüchtern überlegen was zu entsorgen und was zu behalten war. Je mehr wir schauten, desto länger wurde die Liste zum Ausmisten. Das Erforschen der Backskisten, der Schränke, Regale, Schapps und der Werkstatt wurde zum Abenteuer. Seit der Überführung hatte Michi schon einige Dinge im Auge, die das Schiff verlassen sollten. Der Vorbesitzer hatte es in einigen Dingen einfach zu gut mit uns gemeint und sehr viele Sachen an Bord gelassen, die seiner Meinung nach noch „very usefull“ für uns sein könnten. Unter anderem auch mehrere Paar Turnschuhe, die wir sicherlich noch für Reparatur- und Malerarbeiten hätten gebrauchen können. Nett gemeint, wenn aber die Schuhe drei Nummern zu groß sind werden sie von uns bestimmt „never used“. Mit der Zeit wurde für uns immer deutlicher, dass nicht nur das ganze Zeug unseres Vorbesitzers noch an Bord war sondern noch die Besitztümer der Eigner davor. Unser lieber Monsieur konnte sich scheinbar nur sehr schwer von etwas trennen. Sachen, die er nicht benutzte, blieben an Bord, denn man kann ja nie wissen…
Er fuhr z.B. auch jahrelang 20 Liter Diesel spazieren, benutzen konnte er ihn schon lange nicht mehr, abpumpen dürfen wir ihn jetzt. Er war kein Messi, wie man sie in letzter Zeit ständig in Fernsehen oder Presse präsentiert bekommt. Ob kaputt oder nicht, es war wirklich alles ordentlich verstaut. Viele Dinge vorzugsweise in Plastiktüten, manchmal mussten wir zwei oder drei Tüten, die in einander steckten öffnen, um zu sehen was sich darin verbarg. Das war das Komplizierte an der Sache, wir wussten vorher nie, ob nun alte Socken oder ein wichtiges Ersatzteil auf unsere Entdeckung wartete. Viele Dinge, die unserer Meinung nach noch brauchbar waren, allerdings nicht für uns, wie Handtücher, ein alter Fernseher oder auch Kochgeschirr usw. räumten wir auf den Steg zur freien Verfügung der Marinaarbeiter. Die wollten zunächst gar nicht glauben, dass sie alles ohne weiteres mitnehmen können, griffen dann aber hocherfreut zu. Alles was uns unbrauchbar schien, wie Töpfe ohne Griffe oder Gewürze, die in den achtziger Jahren gekauft worden waren, verschwand in großen blauen Müllsäcken und wurden zur Mülltonne gebracht. Mülltrennung ist zu unserem großen Glück in Sibari ein Fremdwort. Ich hatte dennoch zeitweise befürchtet, dass wir für unsere Aktionen eine extra Müllgebühr würden zahlen müssen, da wir so viele Mülltonnen befüllten. Doch die Mülltonnen in Sibari sind etwas ganz besonderes. Hat man es im Laufe des Tages geschafft, vier von ihnen randvoll zu packen, sind am nächsten Morgen vielleicht noch maximal zwei Säcke darin. Für unsere Marineros war deutlich mehr brauchbar als für uns. Aber wir wollen halt lieber mit unseren eigenen Sachen auf Fahrt gehen. Michi hat jeden Müllsack der gefüllt und entsorgt wurde auf einer Strichliste festgehalten. Zum Schluss kamen wir auf 40 Säcke. Das Wetter meinte es größtenteils gut mit uns, so verging die Zeit wie im Flug. Die letzten drei Nächte waren allerdings schon saukalt. Abends nach dem Essen zog ich schon meine Schlafanzughose unter die Jeans, so jämmerlich habe ich gefroren.
Michis Kommentar: Weichei! Erwärmte mich auch nur kurzzeitig.
Für unser Teppichproblem blieb gar nicht mehr genug Zeit. Die Wände und Decken unseres Schiffes sind nämlich mit Teppichboden verkleidet. Wie lange schon weiß wahrscheinlich niemand mehr, aber er zeigt deutliche Auflösungserscheinungen, nicht auf den ersten Blick, aber bei der ersten Berührung. Sobald man ihn anlangt oder dagegen stößt, rieselt es, außerdem hat er im Laufe der Jahre einen recht eigenartigen Geruch angenommen. Also runter damit. Es stand natürlich eine große Frage im Raum: Was erwartet uns dahinter? Aus Zeitmangel wollten wir schon ganz die Finger davon lassen, aber unsere Neugierde (natürlich besonders meine…) war stärker und so entfernten wir den Teppich an einer Luke im Salon. Trotz Hilfe des Staubsaugers eine wirklich staubige Angelegenheit. Darunter? Teppichleim ohne Ende. Ich glaube, ich habe den Kleber lachen hören, als wir ihm mit Aceton zu Leibe rückten. Keine Chance! Der lacht wahrscheinlich immer noch. Michi plant nun, die Kleberückstände abzuschleifen. Das wird bestimmt noch lustig werden! Wenn es soweit ist haben wir nämlich schon all unsere Sachen an Bord. Fortsetzung folgt….
Bild: Eines der vielen Teile, die sicher mal funktionierten und Dank jahrelanger sorgfältiger Aufbewahrung und Schonung jetzt in den Zustand der verrosteten Unbeweglichkeit verfallen sind

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